Viele Straßen haben schon bessere Tage gesehen. So landete Deutschland 2019 in einem internationalen Ranking zur Straßenqualität nur auf Platz 22 von 142 untersuchten Ländern. Grund dafür sind das steigende Verkehrsaufkommen und die Auswirkungen des Klimawandels, die die Infrastruktur in Mitleidenschaft ziehen.
So sind weltweit sogar 27 Prozent aller Straßen und Schienenwege von Naturkatastrophen betroffen. Der Preis dafür? Das Wissenschaftsmagazin Nature schätzt die jährlichen Schäden auf 3,1 bis 22 Milliarden US-Dollar (19 Milliarden Euro).
Ausgerechnet einer der größten Umweltverschmutzer der Welt – Kunststoff – könnte dabei helfen, das Problem zu lösen. Die Idee: Straßen aus Plastik, das sonst in der Müllverbrennung landen würde, sind einfacher zu bauen und halten starken Regenfällen besser stand, sagt Anne Koudstaal, Mitgründer des niederländischen Unternehmens PlasticRoad. Demnach könnten Kunststoffstraßen rund 300 Liter Wasser pro Quadratmeter versickern lassen – ein Vielfaches üblicher Asphaltstraßen.
Kunststoffstraßen sollen zudem länger halten, leicht zu reparieren und – im Gegensatz zum Asphalt – einfacher zu recyceln sein. Eine sinnvolle Verwendung des Plastik-Überschusses, sagen Umweltorganisationen wie die Ocean Recovery Alliance.
Ausprobiert wurde der Plastikeinsatz zum Beispiel beim Pilotprojekt des deutschen Startups Ecopal auf einer Strecke von 200 Metern in Potsdam. “Nach unseren Berechnungen wurden dadurch 2,2 Tonnen CO2 eingespart”, sagt Jonas Varga, einer der Ecopal-Gründer. Statt auf herkömmlichen Asphalt setzte Varga auf ein Gemisch bestehend aus erdölbasiertem Bitumen und recyceltem Plastik. Das Ziel: eine CO2-neutrale Bauindustrie.
In der Schweiz hatte es bereits 2019 ein ähnliches Vorhaben einer schottischen Firma gegeben. Damals wurden 150 Kilogramm Plastikabfälle mit 45 Tonnen Bitumen gemischt. Das entspricht nur einem Anteil von 0,3 Prozent. Laut der Materialwissenschaftlerin Lily Poulikakos reiche das bereits aus. “In der Schweiz produzieren wir 6,5 Millionen Tonnen Asphalt jedes Jahr. Und wenn man dafür Plastik benutzen würden, dann könnten wir dafür 16.000 Tonnen Plastik verwenden.”
Kritiker:innen weisen jedoch darauf hin, dass es noch jahrelange Belastungstests brauche, bis die Wirksamkeit von Plastikstraßen beurteilt werden könne. Fraglich sei auch, wie gut sich der Asphalt selbst in Kombination mit Plastik noch recyceln lasse.
(aus LinkedIn)